Chronik

Während es in den Nachbarorten Biesdorf und Marzahn 1901, Mahlsdorf und Hellersdorf 1902 schon zu einer Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr führte, folgte Kaulsdorf den Beispielen erst wesentlich später. In der Feuerpolizeilöschverordnung vom 8. Mai 1907 ist vorgeschrieben, so lange der Ort keine Freiwillige oder Berufsfeuerwehr besaß, konnten alle männlichen Gemeindemitglieder zur Pflichtfeuerwehr herangezogen werden.


Bei einer erneuten Gemeindeversammlung wurden die Männer von Kaulsdorf vor die Wahl gestellt. Die Bürger bevorzugten die Bildung einer Freiwilligen Wehr. Am 18. Oktober 1907 wurde die Freiwillige Feuerwehr Kaulsdorf gegründet. Der erste Oberführer und Mitbegründer war Wilhelm Graß, welcher hauptberuflich Bahnhofsspediteur und wohnhaft in der Adolfstraße war.

Die Stärke der FF betrug zur Zeit der Gründung 22 Kameraden, welche meist traditionell die Handwerker des Ortes waren. Das erste Gerätehaus befand sich auf dem Dorfanger südlich von der Kirche. Wie in den meisten Ortschaften üblich, war es ein Schuppen mit Spitzdach und einem Tor. Als erstes Fortbewegungs- und Löschmittel erhält die FF bereits schon 1907 eine Handdruckspritze, welche per Pferdegespann gezogen werden musste. Die Kutsche bot Platz für sechs Mann und hatte am Heck einen Schlauchhaspelanhänger.

Das kleine Spritzenhaus im Dorfanger war den neuen und zukünftigen Anforderungen nicht mehr gewachsen und so entscheidet die Gemeinde 1908 für einen Neubau. Das neue Gerätehaus wurde auf dem gepachteten Platz neben dem Schulgelände in der Schulstraße (heute Waplitzer Straße) errichtet. Aus Mitteln des Gemeindeetas wurde das Feuerwehrgebäude mit Steigeturm finanziert. 1909 konnte der gelb-rote eingeschossige Ziegelbau, welcher drei Hallentore besaß, in Betrieb genommen werden. Das ehemalige Spritzenhaus wurde als Depot der Stadtreinigung zur Verfügung gestellt.

Der Feueralarm wird nun nicht mehr vom Glockenturm der Kirche gemeldet, sondern es entstehen bis 1910 mehrere Meldestellen, die Hupsignale lautstark weitergeben.

Anlässlich des 10-jährigen Bestehens am 25. Oktober 1919, stellte die FF Kaulsdorf an die Gemeinde einen Antrag auf Gewährung einer Beihilfe zur Bekleidung und Uniformierung der Kameraden, welcher gewährt wurde. Die Gemeindevertreter Robert Obst und Otto Zunker wurden 1919 in den Vorstand der FF gewählt. Die Empfehlung von Herrn Obst auf die Anschaffung einer mechanischen Drehleiter erfolgt im August 1919. Im April 1920 fand die Aussendung der mechanischen Drehleiter zur FF Kaulsdorf statt.

Durch die Übernahme in die neue Stadtgemeinde Groß-Berlin verloren alle Feuerwehren, sowohl Berufsfeuerwehr als auch Freiwillige Feuerwehr, ihre Selbständigkeit und wurden Bestandteil der Gesamtbehörde "Berliner Feuerwehr". Die Verwaltung, Ausrüstung und Ausbildung der örtlichen Feuerwehren wurde nun zentral durch das Land Berlin geregelt und neu angepasst.

Anfang der 20er Jahre besaßen viele der Feuermeldestellen bereits schon einen Telefonanschluss. Die ehemaligen Signalhupen hatten ausgedient. Wo aber keine Telefonanschlüsse vorhanden waren, wurden die Hupen durch Sirenen ersetzt.


Um eine schnelle Brandbekämpfung in Kaulsdorf-Süd zu gewährleisten, wird im Mai 1926 eine zweite Löschmannschaft gegründet. In der Jägerstraße 55/58 auf dem Gelände der Gaststätte "Jägerheim" wird ein Nebendepot errichtet.

Am 9. Mai 1926 holte die FF Kaulsdorf ein neues motorisiertes Löschfahrzeug vom Typ Mercedes Benz ein. Ein großer Vorteil war nun die Beförderung von insgesamt 10 Feuerwehrleuten gewesen. Als Nachteil erwies sich, dass die Mannschaft und Gerätschaften der Witterung ausgesetzt waren, weil ein offenes Verdeck vorhanden war. Zusätzlich besaß es am Heck des Fahrzeuges einen Tragkraftspritzenanhänger.

Das 25. Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr Kaulsdorf wurde 1932 gefeiert. Mit einem traditionellen Festumzug wurde das Fest begonnen. Leider gibt es dazu keine Berichte. Es existiert nur ein Bild über das 25-jährige Bestehen.

1935 - Löschtrupp in der Adolfstraße / Ecke Schulstraße, angetretene Mannschaftsstärke von 20 Personen, im Hintergrund die Franz-Carl-Achard-Grundschule
1935 - Löschtrupp in der Adolfstraße / Ecke Schulstraße, angetretene Mannschaftsstärke von 20 Personen, im Hintergrund die Franz-Carl-Achard-Grundschule

Anfang der 30er Jahre breitete sich nationalsozialistisches Gedankengut in Deutschland aus. Als 1933 die NSDAP die Macht übernahm, wurden die Berufsfeuerwehren und Freiwillige Feuerwehren gleichgestellt. Die Feuerwehren wurden der örtlichen Polizeiverwaltung unterstellt. Für die "Berliner Feuerwehr" verwendete man den Begriff "Feuerlöschpolizei Berlin". Es wurden sogenannte F-Züge aufgestellt, welche sich in Normalzüge mit zwei Fahrzeugen und Halbzüge mit einem Fahrzeug untergliedern. Die FF Kaulsdorf wurde ein Halbzug.

Auch die Bekleidung änderte sich 1934. Reicheinheitliche Uniformen und Stahlhelme, welche nun den alten Lederhelm ersetzten, wurden eingeführt.

Zum Ende des Jahres 1935 wurde die zweite Löschmannschaft in Kaulsdorf-Süd aufgelöst.

Am 8. Mai 1945 kapituliert die deutsche Militärführung Hitlers. Deutschland liegt am Boden. Auch die Feuerwache in der Schulstraße (heute Waplitzer Str.) blieb nicht von der Zerstörung des Krieges verschont. Zum Ende des Krieges hin ging der hölzernde Steigeturm in Flammen auf. Er wurde nicht wieder aufgebaut. Dafür ersetzte man das eine Tor durch ein Wachzimmer.


Alfred Handtke - Vorne links im Bild, beim Kaffee mit anderen Kameraden am Feuerwehrdepot Schulstraße
Alfred Handtke - Vorne links im Bild, beim Kaffee mit anderen Kameraden am Feuerwehrdepot Schulstraße

Nach der Kapitulation am 8. Mai 1945 wurde in Berlin das Zentralamt der Feuerwehr gegründet. Dieses veranlasste den Wiederaufbau der Berliner Feuerwehr und die Reorganisation der Freiwilligen Feuerwehren in Berlin. Dadurch kam es auf der FF Kaulsdorf ebenfalls zu einer personellen Neuordnung. Noch im Jahr 1945 übernahm Alfred Handtke die Position des Wehrführers.

Während dieser Zeit durchschritt die Wehr allgegenwärtig Schwierigkeiten der Nachkriegszeit und der Gründung eines neuen Staates. Mitte der 40er Jahre erfolgt die Anschaffung eines motorisierten Fahrzeuges vom Typ KzS 8 mit offenem Verdeck. Das Fahrzeug wurde intern liebevoll "Katze" genannt. Es handelt sich hierbei um eine Kraftfahrzeugsppritze, welche für die Halbzüge vorgesehen waren. Es zählte zu den Einheitsfahrzeugen und hatte die stadteigene Farbe grün.

Schon im Jahr 1948 übernimmt Oberbrandmeister Karl Birk die Wehrführung.

Mit der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 07. Oktober 1949 geschah im Jahr 1951 etwas Einschneidenes. Die Berufsfeuerwehren wurden in den Dienst der Volkspolizei unterstellt und eingegliedert. Dadurch gab es keine eigenständige Entwicklung mehr, da sie ohne Einschränkungen in die DDR-Staats-Organe einbezogen war.

Die Freiwilligen Feuerwehren blieben dagegen Einrichtungen der örtlichen Räten der Gemeinde und Städten. In dieser Zeit war es relativ schwer, Menschen zu finden, die sich ehrenamtlich einer Ausbildung unterziehen.


Einen Mercedes Benz erhielt die FF Kaulsdorf im Jahr 1954. Ein großer Vorteil war, dass die Mannschaftskabine und Gerätefächer geschlossen und voneinander getrennt waren. Für die Mannschaft bot sich dadurch eine bessere Sicherheit. Zusätzlich befand sich am Heck eine abnehmbare Schlauch-Haspel.

1955 wurde Helmut Kleemann neuer Wehrleiter. Er war 1946 der FF Kaulsdorf beigetreten und war bis zur Wende ein aktives Mitglied. Er übernahm nicht nur die Führung der Wehr, sondern war auch für die Brandschutzerziehung und 1967 für die Leitung der Arbeitsgemeinschaft "Junge Brandschutzhelfer" zuständig. Sein Engagement war beachtlich.


Am 19. Oktober 1957 feierte die FF Kaulsdorf ihr 50-jähriges Bestehen. Begonnen wurde das Fest traditionell mit einem Festumzug. Am S-Bahnhof Kaulsdorf wurden verschiedenste Fahrzeuge und Technik zur Schau gestellt. Die Festlichkeiten zum Jubiläum mit Tanz, Musik und Kulturprogramm fanden in den Räumlichkeiten der Gaststätte "Gesellschaftshaus" in Kaulsdorf statt. Als Ehrengast war der Mitbegründer Wilhelm Graß eingeladen.

am S-Kaulsdorf, Zuschauermenge von der Drehleiter aus fotografiert
am S-Kaulsdorf, Zuschauermenge von der Drehleiter aus fotografiert
Original-Einladung zur 50-Jahrfeier
Original-Einladung zur 50-Jahrfeier

Anfang der 60er Jahre erhielt die FF ein neues Mannschaftsfahrzeug vom Typ Garant K 30 - ein Löschfahrzeug LF 8. Die Mannschaftskabine befindet sich hinten geschützt durch ein Plangestell. Zu diesem Fahrzeug erhält die FF noch einen Tragkraftspritzenanhänger TSA 8/8.

Im Jahr 1961 wechselte Helmut Kleeman zur Berufsfeuerwehr und durfte somit in der Freiwilligen Feuerwehr keiner Führungsposition mehr nachgehen. Daraus resultierten Neuwahlen und Heinz Lau wurde zum neuen Wehrleiter ernannt.

Mit der raschen und fortanen Entwicklung der Feuerwehrtechnik genügte das Gerätehaus in der Schulstraße (heute Waplitzer Straße) nicht mehr den Anforderungen. So wurde am 6. Juli 1963 der erste Spatenstich für das neue, mordernere Dienstgebäude gesetzt. Der zukünftige Standort der Freiwilligen Feuerwehr Kaulsdorf sollte im Mädewalder Weg 21 - 23 sein. Der Gebäudekomplex ist in einem Trakt für den Wachbetrieb und in einem Trakt mit Dienstwohnungen unterteilt. Am 16. Januar 1964 wurde das Gebäude durch den Zimmermann gesegnet. Es fand das traditionelle Richtfest statt.

1965 wurde das neue Gebäude der FF Kaulsdorf fertig gestellt und in Betrieb genommen. Die feierliche Übergabe der neuen Feuerwache an den damaligen Wehrleiter Heinz Lau erfolgte durch den Rat des Stadtbezirkes, vertreten durch den Genosse Karl am Sonnabend, dem 15. Mai 1965. An den Einweihungsfeierlichkeiten mit Blasorchester und Tanzveranstaltung nahmen viele Gäste teil.


Das alte und ausgediente Gerätehaus in der Waplitzer Straße wurde der Schule, welche sich auf dem Nachbargrundstück befindet, zur Verfügung gestellt. Dort erfolgte nun der praktische Werkunterricht der Schule. Im Laufe der Jahre wurde dieses Gebäude umgebaut und für betriebliche Zwecke verschiedener Firmen genutzt. Es wurde aufgestockt, sowie die Tore entfernt und zugemauert und durch Fenster ersetzt. Im Endeffekt waren nur noch die alten Backsteinstreben zu erkennen. Im Jahr 2005/2006 musste auch dieses Gebäude weichen. Auf dem Gelände stehen heutzutage Einfamilienhäuser.

Wehrleiter Klaus Wricke
Wehrleiter Klaus Wricke

Der Zusammenhalt unter den Kameraden und örtlichen freiwilligen Wehren war in der DDR sehr menschlich und familiär. Durch die gemeinsame Ausbildung sowie die zahlreichen Übungen, Wettkämpfe und Festlichkeiten herrschte ein sehr gutes Verhältnis zwischen den Löschmannschaften.

Mit der Einführung der Bezirke in Wirkungsbereiche begann eine intensive Zusammenarbeit zwischen dem Stadtbezirk Lichtenberg und den örtlichen Freiwilligen Feuerwehren des Bezirkes. Die Alarmierung und Benachrichtigung der FF Kaulsdorf erfolgte in der Regel telefonisch über die Berufsfeuerwehr Lichtenberg, die dann die Sirenen in Alt-Kaulsdorf und auf der Feuerwache auslöste.

1966 wird das Amt des Wehrleiters an den Kameraden Horst Stutz übergeben. Bereits im Jahr 1971 wurde dieses Amt dann an dem Kameraden Klaus Wricke weitergereicht.